Rafael Heygster

Als Außenseiter mittendrin

Sonntagsmatinee mit Rafael Heygster

Rafael Heygster ist Fotograf aus Leidenschaft und hat seine Kamera immer dabei. Seine Bilder zeigen nicht die naheliegendste, übliche Perspektive, sondern geben Betrachtern immer wieder Impulse, den Blickwinkel zu wechseln. Im Entweder-oder-Interview lernen wir Heygster kennen.

Außenseiter oder immer überall mit dabei?

Eigentlich von beidem ein bisschen. Als Kind habe ich lieber am Rand stehend beobachtet, als überall mit dabei zu sein. Je älter ich wurde, umso mehr hat sich das gewandelt. So ist es auch heute als Fotograf. Wenn ich verstehen will, was ich da eigentlich fotografiere, muss ich natürlich überall mit dabei sein.

Wenn ich fotografiere bin ich nah an meinen Protagonisten, es bilden sich Freundschaften und trotzdem nehme die Außenseiterrolle als Beobachter von außen ein.

Ich versuche den Menschen ihren Raum zu geben und möchte möglichst wenig von dem verändern, was um mich herum passiert.

 

Smartphone oder Kamera im Urlaub?

Kamera! Ich benutze sie nicht nur im Urlaub, sondern auch im Alltag. Da mir das Fotografieren Spaß macht und mich erfüllt, möchte ich gern immer eine Kamera dabeihaben. Manchmal wäre es tatsächlich praktischer, einfach ein Smartphone zu verwenden. Letztes Jahr im Urlaub war ich mit meiner Familie in den Alpen wandern – eigentlich eine Situation, in der man möglichst wenig Gepäck dabeihaben möchte. Meine Fotoausrüstung hat jedoch etwa ein Drittel des Rucksackgewichts ausgemacht.

 

Spontan oder bis ins kleinste Detail geplant?

Sowohl als auch. Für viele meiner Projekte ist ein wenig Recherche und Planung notwendig. Dabei entstehen in meinem Kopf oft schon Ideen für Motive, Lichtsetzung und Aufbau. Meist kommt es aber doch anders. So kommt es vor, dass auch nach zig Versuchen noch nicht das perfekte Bild dabei war. Dann ändert sich die Situation oder es passiert etwas Unerwartetes. Im Endeffekt sind solche ungeplanten Bilder oft die besseren.

 

Airsoft: Spaß oder Krieg?

Beides. Das zeigen auch meine Bilder der Reihe „I died 22 times“. Das Projekt behandelt die Frage, wo Krieg anfängt. Meine Bilder zeigen: Die Grenze zwischen bedrohlichen Szenarien und harmloser Freizeitbeschäftigung ist nicht klar auszumachen.

Die Arbeit behandelt einen Widerspruch, der sich nicht einfach auflösen lässt.

 

Ihr Projekt „Absturzliebe“: Fotojob oder persönliches Anliegen?

Ich bin zufällig darauf gestoßen. Bei einem Spaziergang kam ich mit einer Gruppe Jugendlicher ins Gespräch, als sie sich gerade einen Joint rollten. Es war rührend zu sehen, wie liebevoll diese jungen Paare aus überwiegend schwierigen Verhältnissen miteinander umgingen. Doch dieses Bild ist nicht das, was die meisten Passanten sehen. Die Jugendlichen werden von ihnen eher als störend empfunden, weil sie rumhängen, Drogen konsumieren und das Stadtbild mit ihrem Treiben abwerten. Doch als Fotojournalist sehe ich es als meine Aufgabe an, eben nicht immer die naheliegende Perspektive eines Sachverhaltes zu zeigen. Ich wollte stattdessen den Fokus auf die Liebe setzen; auf das Verlieben, Grenzen austesten und den Versuch, Selbstständigkeit zu erlangen.

 

Gibt es klassische „Herzensprojekte“, die nicht wirklich lukrativ sind, sondern die Sie sich nur durch „banale“ Aufträge finanzieren können?

Lukrative, gut bezahlte Jobs sind natürlich super. Davon lebe ich.

Aber auch die Herzensprojekte sind wichtig, denn Fotografie ist Leidenschaft. Und die kann man nicht mit Geld aufwiegen.

Nur bei freien Projekten kann ungehindert ich meiner Neugier nachgehen, ohne dass im Hintergrund ein Auftraggeber steht oder eine Deadline eingehalten werden muss. Das kostet zwar manchmal mehr Aufwand, als es Ertrag bringt, aber das ist in Ordnung. Diese Projekte machen dann halt mal einfach nur Spaß oder sind zumindest interessant. Und auch mit solchen Aufträgen positioniert man sich auf dem Markt; dadurch werden potenzielle Auftraggeber auf einen aufmerksam.

Danke für das Interview, Rafael Heygster!

Am Sonntag, den 24. Februar um 11 Uhr ist Rafael Heygster Gast bei unserer Sonntagsmatinee in der Buchhandlung Isensee. Für 3 Euro Eintritt gibt es Kaffee, Croissant und Limo!