Während der World-Press-Photo-Ausstellung können jedes Jahr preisgekrönte Pressefotos bestaunt werden. Manche der ausgestellten Fotos sind dabei kaum zu ertragen. Wir können jedoch wegschauen, wenn uns ein Foto zu viel wird, können das Gezeigte verdrängen. Als Besucher*innen bleiben wir damit oft auf der Seite der Konsumierenden. Dass (Presse-)Fotografie jedoch auch interaktives Agieren fordert, verdeutlicht die Ausstellung in Oldenburg durch ihr vielfältiges Rahmenprogramm, das zumindest deutschlandweit seinesgleichen sucht.
Dabei zeichneten sich dieses Jahr vor allem zwei Veranstaltungsformate durch Interaktion aus: die „BilderBühne – Das Fotoduell“ und der „FotoSlam“, der schon zum vierten Mal ausgerichtet wurde. Bereits am Titel wird deutlich: Hier geht es um Öffentlichkeit und Performanz. Während bei der „BilderBühne“ Profi-Fotograf*innen gegeneinander antreten, nehmen am „Foto-Slam“ Laien-Fotograf*innen teil. Dabei zählt neben den gezeigten Fotos auch die Story.
Beiden Veranstaltungen liegt zwar ein Wettbewerbsgedanke zugrunde. Das bedeutet jedoch nicht nur gegeneinander antreten, sondern auch aufeinander reagieren, miteinander kommunizieren – und dabei Erfahrungen und Wissen austauschen. Das Publikum entscheidet, wer in die nächste Runde kommt und wer gewinnt – jede*r wird dadurch aktiv beteiligt.
Aktive Auseinandersetzung statt Bilderkonsum
Partizipative Veranstaltungsformate verdeutlichen, dass eine Fotoausstellung mehr ist als ein Konsumieren von Bildern. Es geht um aktive Auseinandersetzung, um Austausch. Das kann – und soll – natürlich auch Spaß machen. Auch das ist ein zentraler Aspekt bei der „BilderBühne“ sowie beim „FotoSlam“. Zwar zeigt die World-Press-Photo-Ausstellung oft die Schattenseiten der Welt – Krieg, Schmerz, Leid, Katastrophen. Doch nicht nur – manche der Bilder erzählen auch von Hoffnung, von Utopien. Vor allem machen sie Momente sichtbar, die ansonsten für uns unsichtbar bleiben würden. Die Fotografien eint dabei, dass sie berühren – traurig oder wütend machen, Ekel oder Furcht erregen. Manchmal hinterlassen sie uns dabei sprachlos.
Mit den partizipativen Veranstaltungen können wir unsere eigenen Geschichten erzählen, können einen Rollenwechsel vornehmen. Wir werden von Betrachtenden zu Produzenten. Dies ermöglicht schließlich auch das Verlassen einer passiven Haltung. Zudem schaffen die „BilderBühne“ und der „FotoSlam“ Räume für andere Fotografieformen, die nahbarer sind als die Pressefotografie. Sie stellen ein niedrigschwelliges Format dar, das jeden anspricht. Somit dienen sie als Scharnier, durch das auch Menschen, die der klassischen Pressefotografie ansonsten skeptisch gegenüber stehen, an diese angenähert werden.
Interaktive Kommunikation im Vordergrund
Neben der Interaktion und der Partizipation geht es auch um eine emotionale Einbindung der Teilnehmenden. Fotos und Geschichten bewegen – das wurde sowohl bei der „BilderBühne“ als auch beim „FotoSlam“ deutlich. Sei es die Aufnahme einer Gedenkfeier, das Foto eines tanzenden Brautpaars oder das Bild vom Strandurlauber – mit ihren Geschichten regen an zur eigenen Auseinandersetzung. Was berührt mich an dem Bild? Ist die Geschichte hinter dem Foto ganz anders als gedacht? Wie verhalte ich mich dazu? Bei beiden Veranstaltungen steht die interaktive Kommunikation im Vordergrund: Nicht nur die Fotograf*innen und Slammer*innen agieren miteinander, auch das Publikum ist als Akteur miteinbezogen. Lacht, klatscht, bewertet, jubelt, protestiert – ist mittendrin im Geschehen.
Denn das ist es, was Fotografie ausmacht – sie schafft einen diskursiven Raum für Auseinandersetzungen. Dieser Raum bleibt dabei niemals stabil, sondern wandelt sich stetig und wird verschoben durch alle, die an diesem Raum partizipieren. Teilhabe, das bedeutet schließlich auch Demokratie. Pressefotografie sollte alle erreichen – manchmal gibt es jedoch Berührungsängste, Gleichgültigkeit, Hürden. Damit jede*r sie überwinden kann, ermöglichen partizipative Veranstaltungen eine Annäherung – an Bilder, die manchmal auch kaum zu ertragen sind.