Wie sehen Blinde die Welt? Das hat sich Fotograf Kilian Foerster gefragt und sich 2011 in einem Projekt damit befasst. Hierzu gab er Blinden und Sehbehinderten eine Analogkamera in die Hand, um einen Ort festzuhalten, an dem sie sich wohl fühlen. Anschließend ließ er sie ihr Bild beschreiben. Am Sonntag, dem 26. Februar, stellte Kilian Foerster einige der Beteiligten und ihre Arbeiten vor. Wir dürfen für alle, die die Matinee verpasst haben, zwei der entstandenen Werke und die dazugehörigen Texte veröffentlichen.
»Dieses Bild ist auf einer Brücke entstanden, die über einen Bachlauf führt. Dieser Ort begleitet mich durch alle Jahreszeiten, ich halte auf Spaziergängen hier häufig an, um mir das Plätschern des Wassers anzuhören. Wenn es stark geregnet hat, ist das Rauschen des Wassers intensiver. Ich höre, wie das Wasser über Steine läuft und man kann bei diesem Klang seine Seele baumeln lassen.«
»Wir sind auf dem Friedhof Öjendorf-Süd. Es duftet hier nach Herbst. Das Feld, wo mein Mann liegt, nennt sich Quartier, dieses Feld ist zur freien Gestaltung, das heißt, es ist nicht vorgeschrieben, wie das Grab auszusehen hat. Ich habe mich entschieden ein Kreuz aus indischem Granit machen zu lassen, in schwarz mit grünlichem Schimmer. Darauf steht der Name meines Mannes – ohne Daten – mit einem Text aus dem alten Testament: ›Ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen Du bist mein‹. Davor auf einer Stellfläche steht ein Weidenkorb mit Efeu und je nach Jahreszeit bunten Blumen. Der Korb befindet sich auf zwei Backsteinen, damit er nicht so schnell verrottet. Eine große Eiche steht nahe am Grab meines Mannes und eingesäumt wird dieser Platz von einer Rhododendronhecke. Ganz in der Nähe steht eine Bank, wo ich gerne sitze. Im Sommer sind hier die Vögel sehr aktiv und auch Eichhörnchen halten sich hier auf und das ist es auch, was mir hier gefällt: Hier ist keine Friedhofsruhe, man hört auch Großstadtgeräusche.«
Die Ergebnisse und die genauen Beschreibungen erscheinen beachtlich. Johannes Falting, einer der Gäste der Matinee, gab zu verstehen:
»Der Begriff blind bekommt plötzlich eine andere Bedeutung. Er sagt nicht mehr aus, ‘nichts zu sehen’, da steckt jetzt viel mehr hinter – eine andere Ebene. Andere Sinne sind dafür geschärft.«
Mehr zum Projekt “Blind” und Kilian Foersters Arbeit finden sich unter: http://www.kilianfoerster.de/blinde.htm.
Text: Janina Gründemann
Bildbeschreibungen: Katharina Friese und Ruth Wunsch
Fotos: Kilian Foerster (Porträts), Katharina Friese und Ruth Wunsch