Die fotografische Identität fördern

Was ein Haus der Fotografie zu leisten vermag

Foto: Death to Stock

Hamburg hat eins, Prag und Wien auch. Okay, alles Weltmetropolen. Aber auch im oberbayerischen Burghausen und in Koblenz findet sich ein „Haus der Fotografie“. Um die Frage zu beantworten, was solch eine Einrichtung leisten kann, lohnt sich aber besonders – wie so oft – ein Blick in die Niederlande.

Größere Aufmerksamkeit für die Dokumentarfotografie zu erlangen, die Diskussion über die Rolle und Bedeutung des Mediums zu fördern und Fotografen, Fotonutzer und die Öffentlichkeit zusammenzubringen – das waren 1980 die Ziele der Gründer von „Noorderlicht“ in Groningen. Sie sahen die Fotografie als ein sozial inspiriertes Medium, das als Fenster zur Welt dient und in sozialen Diskussionen und Prozessen eine Rolle spielen kann. Das gilt auch heute noch.

Die Fotografie ist das Medium unserer Zeit. Nie zuvor wurde die menschliche Wahrnehmung so sehr von Bildern geprägt wie zurzeit. Smartphones, Instagram, preisgünstigere Kameras – sie alle tragen maßgeblich dazu bei und sorgen für eine Demokratisierung der Fotografie. Aber hat dieses Hoch Bestand? Kann es den haben?

Am Beispiel „Noorderlicht“ wird deutlich, was möglich ist. Die Groninger Aktivisten zeichnen sich bis heute durch großes Engagement und ihre Leidenschaft für das Medium Fotografie aus. Sie halten eine Plattform für neue Talente und eine Verbindung zwischen Fotografen, Kuratoren und Medien bereit. Zugleich fühlen sie sich der Region der nördlichen Niederlande eng verbunden.

Neben der Planung und Realisation eines Fotofestivals sowie von Ausstellungen kümmert sich das Team um Diskussionen, Vorträge und ein kleines Filmprogramm, um Meisterkurse und Begegnungen und einen regelmäßigen Gedankenaustausch von Fotoamateuren und -profis. Darüber hinaus bietet „Noorderlicht“ ein umfassendes Bildungsprogramm, veröffentlicht außergewöhnliche Kataloge bzw. Fotobücher und berät lokale und regionale Unternehmen bei der Auswahl von Fotografen.

„Noorderlicht“ zeigt, dass ein Haus der Fotografie viel mehr sein kann, als ein weiteres Museum. Es verhilft dem wohl wichtigsten Medium unserer Tage zu einer festen Adresse in der Stadt und erhöht damit dessen Ansehen und Stellenwert als Kulturgut.

Oldenburg hat in den vergangenen Jahren – nicht nur bei den World Press Photos – gezeigt, dass man mit der Fotografie viel anfangen kann. Es gab eine ganze Reihe sehr gut besuchter Ausstellungen (aktuelle Beispiele: „echt.oldenburg“ und Nordhausen/Kreier), etliche hier ansässige Fotografen verfügen über einen weit über die Region hinausgehenden exzellenten Ruf und nicht zuletzt hat auch einer der Big Player der Fotobranche hier seinen Firmensitz.

Dennoch fehlt bislang ein Ort des Austausches, der Diskussion, der Weiterbildung. Genau ein solcher Ort kann die fotografische Identität des Standorts weiter fördern und insbesondere der jungen und ganz jungen Bevölkerung Perspektiven aufzeigen – gerade in Zeiten der digitalen Bilderflut und angesichts von Diskussionen über „Fake News“ eine äußerst wichtige Aufgabe.

Claus Spitzer-Ewersmann

Ohne Claus Spitzer-Ewersmann würde die World-Press-Photo-Ausstellung in Oldenburg wohl kaum Station machen. Der Agenturchef gab 2015 den Anstoß, die Bilderschau in seine Heimatstadt zu holen und freut sich noch immer, dass die Idee auf fruchtbaren Boden fiel und weiterhin auf großen Zuspruch beim Publikum stößt.

Weitere Beiträge aus unserem Magazin