Philipp Meiners

Die Kunst der besonderen Momente

Über die Einzigartigkeit und Echtheit der Street Photography

Von Paris über Tokio bis nach Oldenburg: Street Photography fasziniert. Auch in unserem diesjährigen Rahmenprogramm bekommt das Thema einen besonderen Platz.  

Der seit einigen Jahren stetig wachsende Trend der Straßenfotografie widmet sich der Besonderheit des Alltäglichen. Es geht um die Bedeutung der kleinen Momente, die an jeder Straßenecke auf uns warten. Im Folgenden erklären wir, was sich hinter dem Begriff Street Photography verbirgt, seit wann es den Trend gibt und welche Angebote wir für unsere Besucher:innen zu dem Thema parat haben.  

Nicht erst seit gestern ein Trend

Kaum zu glauben, aber wahr: Die ersten Street Photos entstanden schon Ende des 19. Jahrhunderts. Es handelt sich hierbei um Aufnahmen des französischen Fotografen Eugène Atget, für die er Paris und seine Vororte durchstreifte. Einige Jahre später, circa 1930, erlebte die Street Photography eine Hochphase. Es war die Zeit, in der schnellere und kompaktere Kleinbildkameras den Markt eroberten und illustrierte Zeitschriften an Bedeutung gewannen.  

Bekannt für eindrucksvolle Street Photos aus dem 20. Jahrhundert sind zum Beispiel die Fotograf:innen Hildegard Ochses, Daidō Moriyama, Henri Cartier-Bresson und Vivian Maier. Im Rahmen der World-Press-Photo-Ausstellung Oldenburg widmet das Cine k zwei von ihnen Filmvorstellungen.

Der Dokumentarfilm „Daidō Moriyama – The Past Is Always New, The Future Is Always Nostalgic“ berichtet über die Einzigartigkeit des japanischen Fotografen und die Entstehung seiner Fotos. Moriyama – heute 83 Jahre alt – ist bekannt dafür, ohne einen Blick in den Sucher zu fotografieren. Für seine brillianten Schnappschüsse bewegt er sich häufig durchs Rotlichtmilieu oder andere Bereiche gesellschaftlicher Randgruppen.

In „Finding Vivian Maier“ begibt sich der US-amerikanische Filmemacher und Regisseur John Maloof auf die Suche nach der Fotografin, die eindrucksvolle Street Photos machte, bevor es dafür einen Namen gab. Vivian Maier lebte und arbeitete Mitte des 20. Jahrhunderts in New York und Chicago als Nanny. Die Fotografie war ihr geheimes Hobby, niemand bekam jemals ihre Abzüge zu sehen. Bis zu dem Zeitpunkt, als John Maloof eine ersteigerte Kiste mit ihren Fotos öffnete.  

Ein Auge für das alltäglich Besondere  

Street Photography richtet den Fokus auf die nichterzählten Geschichten. Die flüchtigen Situationen, die vergehen, da wir sie oft in unserer Alltagshektik gar nicht erst wahrnehmen. Das Genre steht für die Repräsentation von realen und authentischen Momenten. Für die Ästhetik des Augenblicks und des Zufalls. Im Mittelpunkt der Street Photography stehen nicht Planung und Inszenierung, sondern Beobachtung und Zufall.  

Wie es der Name schon verrät, findet Street Photography an öffentlichen Orten statt. Straßen, Geschäfte oder Cafés – hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Es können einzelne Personen, Gruppen oder auch Tiere in ihrem urbanen Umfeld fotografiert werden.  

Dass Street Photography nicht nur in Metropolen wie Paris, New York oder Berlin funktioniert, zeigen die Bilder von Philipp Meiners. Der Street-Fotograf aus Vechta weiß, wie auch in einer ländlichen Gegend eindrucksvolle Street Photos entstehen können. Ihn reizt es, „durch die Straßen zu schlendern, immer auf der Suche nach etwas Interessantem zu sein, nach dem entscheidenden Moment“. In einem Vortrag am 20. Februar wird er einen Einblick in seine Arbeit geben.

Auf die Straße, fertig, los?  

Street Photos können sehr vielseitig sein, die eine Stilrichtung gibt es hier nicht. Eine Gemeinsamkeit aller Aufnahmen: der „entscheidende Moment“. Mit dieser Bezeichnung beschreibt der französische Fotograf Henri Cartier-Bresson den Vorgang, eine einzigartige Situation zu erkennen und im richtigen Augenblick auf den Auslöser zu drücken. Klingt doch erstmal ganz einfach, oder?  

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, ein Auge für die besagten besonderen Momente, ausreichend Know-How über die eigene Kamera – die Herangehensweise von Straßenfotograf:innen ist doch komplexer als man zunächst denkt.  Welche Orte wähle ich für meine Fotos? Wann drücke ich auf den Auslöser? Welches Motiv ist geeignet? Und wie verhalte ich mich dabei möglichst unauffällig?  

Antworten auf diese und viele weitere Fragen hält Dirk Marwede bei seinem Workshop „Street Photography“ am 4. und 5. März parat. In dem zweitägigen Workshop wird er einen Einblick in die Kunst der Street Photography geben. Neben theoretischen Grundlagen werden die Teilnehmenden auch selbst nach den besonderen Momenten des Alltags suchen.