Fotografin Jana Mai hat Gagausien, eine autonome Region in der Republik Moldau, besucht. Gerade die ältere Generation kämpft hier um die Erhaltung ihrer Bräuche, ihrer Heimat und ihrer Identität.
Jana, wie bist du überhaupt zum Fotografieren gekommen?
Fotografie fasziniert mich schon seit meiner Kindheit. Immer wieder wollte ich besondere Augenblicke und auch alltägliche Momente in Bildern festhalten. Leider habe ich anfangs nicht daran gedacht, die Fotografie zu meinem Beruf zu machen, und so wurde ich schließlich Mediengestalterin. Doch letztendlich führte meine Leidenschaft für das Reisen und das Kennenlernen neuer Menschen und Kulturen mich zu dem Entschluss, mich endlich meinem wahren Traum zu widmen: der Fotografie. Also habe ich meinen Job gekündigt und bin für einige Monate nach Tansania gereist. Neben meinem Freiwilligendienst habe ich dort an Fotoprojekten für meine Bewerbung für den Studiengang Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover gearbeitet. Davon war eine Fotoreportage über die Traditionen und Rituale der Maasai. Es freute mich sehr, dass ich mit meiner Mappe für das Studium sofort angenommen wurde. Mittlerweile arbeite ich als freie Portrait- und Dokumentarfotografin unter anderem für den Stern, die Frankfurter Allgemeine Zeitung, DER SPIEGEL und DIE ZEIT.

Deine Arbeiten beschäftigen sich viel mit Kultur, Identität und Zugehörigkeitsgefühl. Wie ist es zu diesem Schwerpunkt gekommen?
Ich wähle Themen aus, die mich bewegen und mit denen ich mich verbunden fühle. Ich möchte Geschichten in Bildern erzählen und den Betrachtern meiner Fotos die Welten näherbringen, in die ich als Fotografin eintauchen darf.
Gibt es denn ein Projekt, das dir besonders am Herzen liegt?
Das ist auf jeden Fall „Die Nachfahren der Wölfe“, also das Projekt, über das ich auch in der Matinee sprechen werde. Ich habe einen Artikel über die Gagausen gelesen und wollte mehr über das Volk erfahren. Das Besondere war, dass ich gar keine Erwartungshaltung hatte, sondern die Lebenswelt der Gagausen einfach kennenlernen wollte und wahnsinnig herzlich aufgenommen wurde, woraus dann diese Reportage entstanden ist.

Kannst du mir etwas über Gagausien und dein Projekt erzählen?
Die Gagausen sind ein stolzes Volk, das versuchet, den Weg der Unabhängigkeit zu gehen. Ihre wirtschaftliche Lage ist jedoch schlecht, die Menschen leben in Selbstversorgung und stehen in stetigem Konflikt mit der Republik Moldau. Deshalb wollen gerade junge Menschen das Land verlassen und die Kultur, die Traditionen und die Sprache gehen verloren. Ich bin dorthin gereist, um die gagausische Identität zu erforschen, sie versuchen zu verstehen und diese fotografisch zu dokumentieren.
Und was hat es mit der Legende mit den Wölfen auf sich?
Die Legende besagt, dass ein kleiner Junge nach einem feindlichen Überfall auf wundersame Weise im Wald überlebte, weil er von einer Wölfin großgezogen wurde. Dieser Junge wurde der Vorfahre der Gagausen. Diese Geschichte wurde mir immer wieder erzählt, wenn ich neue Menschen kennengelernt habe. Der Wolf dominiert in Gagausien auch als Symbol der Unabhängigkeit. Aus diesem Grund war der Kopf des Wolfes auf der ersten Flagge abgebildet, mit der sich die Gagausen zur Autonomie erhoben haben.
Mehr über das Projekt und ihre Zeit in Gagausien wird Jana Mai in ihrer Sonntagsmatinee am 2. April um 11 Uhr erzählen. Die Matinee findet in der Buchhandlung Isensee statt, Eintrittskarten kosten 5 Euro und können im Vorverkauf in der Buchhandlung Isensee erworben werden.