Andreas Burmann

Die Realität als Drehbuch – Teil III

Ein Überblick über den Digital Storytelling Contest 2021 – die Kategorie „Short“.

Short, 1. Platz

„A Racist Attack Was Caught on Camera. Nearly 45 Years Later, It Still Stings.

Diese Short-Story ist eine Produktion der New York Times und berichtet von einer Gruppe Kinder, die im New York City der 1970er Opfer rassistischer Anfeindungen wurden. Dieser Vorfall wurde damals filmisch dokumentiert. 45 Jahre später wurde ein Ausschnitt der Dokumentation „Rosedale: The Way It Is“ wieder entdeckt und ging in den sozialen Medien viral. Daraufhin spürte ein Produktionsteam der New York Times die Kinder von damals auf und rekonstruierte die Vorfälle aus der Vergangenheit. Die Short-Story macht deutlich, wie traumatisch rassistische Angriffe auf Kinder wirken können und dass das Thema Rassismus in den USA noch immer nicht seine Brisanz verloren hat.

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Vielleicht ist das die wichtigste Lektion, die ich an diesem Tag lernte. Dass kein kleines Mädchen die Straße entlangfahren und für eine Sekunde glauben sollte, dass sie es nicht wert ist, respektiert zu werden.

Renée Lipscomb-McDonald, Opfer der Anfeindungen von 1976

 

 

Short, 2. Platz

„The Eternity of Tomorrow“

Cristóbal Olivares und die Magnum Foundation zeigen in dieser Kurzproduktion die dramatische Verfolgung des chilenischen Ureinwohnerstamms der Mapuchen durch die eigene Regierung. Das indigene Volk sieht sich als Hüter des Regenwaldes, doch die Regierung möchte mit Waldrodungen Geld verdienen. Für den Profit sollen die Indigenen vertrieben werden. Daher werden sie regelmäßig gewaltsam attackiert. Im Film erzählen die Kinder der Mapuchen von den blutigen Attacken auf ihre Gemeinschaft. Das Militär zielt vor allem auf Kinder und Jugendliche des Stammes ab. Olivares verbindet die Erzählungen und Zeichnungen der Kinder mit Fotografien und schafft ein umfassendes Bild aus der Perspektive der jüngsten Generationen.

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Die Verfolgung der Mapuchen findet in den Mainstream-Medien selten Gehör. Die Folge sind falsche Informationen und Gerüchte, die der Bevölkerung kaum echtes Wissen zur Situation des Stammes vermitteln. Auch deshalb dokumentiert dieses Projekt die Erlebnisse der Mapuchen.

Cristóbal Olivares, Regisseur und Produzent

 

 

Short, 3. Platz

„Good Morning, My Wife in Heaven

Der Kurzfilm von Yingfei Liang und Shumin Wei von Caixin Media begleitet einen alleinstehenden Mann während des ersten Lockdowns in der chinesischen Stadt Wuhan, der aufgrund des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie von der Regierung verhängt wurde. Der Mann hat seine Ehefrau nach 42 gemeinsamen Jahren an das Virus verloren und versucht nun, den Alltag in der Quarantäne allein zu bewältigen. Er schreibt ihr täglich einen Brief, den er mit den Worten „Guten Morgen, meine Frau im Himmel“ beginnt. Der Film zeigt die Einsamkeit und den Schmerz des Verlustes, die die tödlichen Folgen der Pandemie mit sich bringen.

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Katastrophen werden oft in Zahlen zusammengefasst. Dabei steht hinter jeder Zahl eine zutiefst bewegende Geschichte. Diese Produktion erzählt genau das.

Muyi Xiao, Juryvorsitzende des World Press Photo Contests

 

2021 war das letzte Jahr, in dem die World-Press-Photo-Stiftung dem Digital Storytelling einen eigenen Wettbewerb widmet. Ab dem kommenden Jahrgang, der im April 2022 in Amsterdam gekürt wird, ist eine Neukonzeptionierung des gesamten World-Press-Photo-Wettbewerbs geplant. Dieser wird künftig die prämierten Produktionen aus dem Digital Storytelling mit einschließen.