„Fighting, Not Sinking“

Eddie Jim, Gewinner des World Press Photo Awards 2024, über seine Klimawandel-Reportage von der Fidschi-Insel Kioa

Als festangestellter Fotograf für die australische Tageszeitung The Age dokumentiert Eddie Jim vor allem aktuelles Zeitgeschehen, Politik- und Sportereignisse. Neben den Australian Open in seiner Wahlheimat Melbourne begleitete der in Hong Kong geborene Fotojournalist jüngst auch die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Sein preisgekröntes World Press Photo mit dem Titel „Fighting, Not Sinking“ (dt.: Kämpfen, nicht untergehen) hat jedoch nichts mit sportlicher Höchstleistung zu tun. Es thematisiert auf schmerzhafte Weise die Folgen des Meeresspiegelanstiegs auf den Fidschi-Inseln.

Dein World Press Photo ist auf der rund 18 Quadratkilometer großen Insel Kioa entstanden. Wie kam es dazu, dass du dort eine Reportage fotografiert hast?

Eddie Jim: Im Jahr 2023 erhielt ich den Auftrag, gemeinsam mit der von Greenpeace Australia Pacific (GPAP) eingeladenen Umweltjournalistin Miki Perkins eine dreitägige Konferenz zum Klimanotstand auf Kioa Island zu dokumentieren. Dieses wichtige Ereignis vereinte über 60 zivilgesellschaftliche Organisationen, Nichtregierungsgruppen und Klimaaktivist:innen aus der Pazifikregion und brachte die Kioa Climate Emergency Declaration hervor. Angesichts der Bedeutung dieser Erklärung zum Klimanotstand habe ich eines der Bilder meines Aufenthalts für den World-Press-Photo-Wettbewerb eingereicht – in der Hoffnung, das Bewusstsein für dieses globale Problem zu schärfen.

Eddie Jim, The Age / Sydney Morning Herald

Eddie Jims prämiertes Foto zeigt Lotomau Fiafia und seinen Enkel umgeben von Wasser. Der Gemeindeälteste war mit dem Fotografen bis zu dem Punkt ins Meer hinausgewatet, an dem in seiner eigenen Kindheit einst der Strand begonnen hatte.

Wie bist du mit dem Gemeindeältesten Lotomau Fiafia in Kontakt gekommen, der gemeinsam mit seinem Enkel auf deinem World Press Photo abgebildet ist?

Jim: Weil auf Kioa nur wenige hundert Menschen leben, wollten wir unseren mehrtägigen Aufenthalt optimal nutzen und haben viel Kontakt zu den örtlichen Bewohner:innen gesucht. Wir waren beeindruckt von ihrer Freundlichkeit und Offenheit. Als wir Lotomau Fiafia trafen, der auf der Insel geboren wurde, haben wir ihn als wichtigen Zeugen für die Küsten- und Meeresspiegelveränderungen sofort um ein Interview gebeten.

Eddie Jim, The Age News

Inselbewohner Lotomau Fiafia wurde 1952 auf Kioa Island geboren. Er wurde Zeuge, wie der steigende Meeresspiegel in den letzten Jahrzehnten seine Heimat verändert hat. Denn die Wasserkante rückt zunehmend näher.

Wie habt ihr das Vertrauen der Gemeinde gewonnen, obwohl ihr lediglich „von außen“ zu Gast wart?

Jim: Das Vertrauen von Fremden zu gewinnen, kann eine Herausforderung sein, aber die warme und einladende Art der Menschen auf Kioa Island machte es uns sehr leicht. Miki Perkins und ich teilten von Beginn an offen unsere Absichten mit, und die Menschen auf Kioa wollten gern ihre Geschichten und Botschaften in die Welt tragen. So wurde unser Auftrag dort schnell zu einer wirklich bereichernden Erfahrung.

Was war bei der Arbeit an „Fighting, Not Sinking“ der herausforderndste Moment für dich?

Jim: Definitiv die Überfahrt auf dem Greenpeace-Kampagnenschiff „Rainbow Warrior III“ von Fidschis Hauptstadt Suva nach Kioa Island. Sie dauerte über 24 Stunden, begleitet von schlechtem Wetter, stürmischer See und anhaltender Seekrankheit. Diese Erfahrung rückte jedoch schnell in den Hintergrund, denn am meisten im Kopf geblieben ist mir bis heute der Morgen, an dem ich das Foto von Lotomau Fiafia aufnahm. Ich kam bei Sonnenaufgang am Strand an und das ruhige Wasser, das perfekt das erste Sonnenlicht spiegelte, strahlte eine beinahe unheimliche Ruhe aus.

Eddie Jim, The Age News

An Bord des Greenpeace-Schiffs Rainbow Warrior III vom Hafen in Suva nach Kioa Island.

Was bedeutet der World Press Photo Award für „Fighting, Not Sinking“ für dich?

Jim: Seit fünfunddreißig Jahren strebe ich nach Exzellenz als Fotojournalist. Der World Press Photo Award war immer mein ultimatives Ziel. Er ist ein Beweis für die transformative Kraft der Fotografie. Weil ich nie zu träumen wagte, dass ich mich einmal unter den angesehenen Gewinner:innen wiederfinden würde, übertrifft diese Auszeichnung meine kühnsten Erwartungen und erfüllt mich mit Stolz.

Was ist das Wichtigste an deinem preisgekrönten Foto?

Jim: Ich hoffe, dass diejenigen, die mein Bild sehen, darin Inspiration finden und zum Nachdenken angeregt werden. Die Klimakrise hat täglich tiefgreifende Auswirkungen auf Fidschis Inselbewohner:innen. Miki Perkins und ich haben uns verpflichtet, die Erfahrungen von Ältesten wie Lotomau Fiafia einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Denn nur gemeinsam können effektive Strategien für eine nachhaltigere Zukunft entstehen.

Eddie Jim, The Age News

Inselbewohnerin Esther Telupe in ihrem Haus am Wasser,

Apropos Zukunft: An welchen Reportagethemen arbeitest du zurzeit?

Jim: Ich würde gerne bald in Coober Pedy fotografieren, einer ehemalige Opalminen-Stadt 800 Kilometer nördlich von Adelaide. Von den rund 2.500 Bewohner:innen leben die meisten unterirdisch, da die Temperaturen im Sommer fast 40 Grad Celsius erreichen. Bevor ich das Thema genauer mit unserem Redakteur bespreche, will ich aber noch mehr recherchieren und Nachforschungen zu einigen Details anstellen. Außerdem habe ich erst kürzlich einen Fotoessay über einen autistischen Mann fertiggestellt, der nonverbal mit seiner Umwelt kommuniziert. Wenn die Zeit es erlaubt, werde ich dieses Projekt gern mit dem Oldenburger Publikum teilen.

Eddie Jim

Der in Hong Kong geborene Eddie Jim arbeitet als festangestellter Fotograf für die Tageszeitung The Age in seiner Wahlheimat Melbourne, Australien. Mit „Fighting, Not Sinking“ gewann Jim im World Press Photo Contest 2024 in der Rubrik „Einzelfoto“ – Südostasien und Ozeanien. Dieses Foto zeigt ihn mit dem Willkommenskommitee auf Kioa Island, das die Besucher:innen der Rainbow Warrior III auf der Insel begrüßte.

Eddie Jim wird am Samstag, den 15. Februar 2025, um 10 Uhr im Saal des Oldenburger Schlosses zu Gast sein und zur Ausstellungseröffnung u.a. von seiner Arbeit an „Fighting, Not Sinking“ berichten. Der Zugang zur Veranstaltung ist im regulären Museumsticket enthalten.