Foto-Jury getrumpt

Während wir noch mitten in den Vorbereitungen der World Press Photo-Ausstellung 2016 stecken, geht es in Amsterdam, wo die World Press Photo Foundation ihren Sitz hat, schon längst um den nächsten Jahrgang. Kurz vor der Jury-Sitzung aber erlässt US-Präsident Trump sein umstrittenes Einreiseverbot – und schließt damit indirekt Jury-Mitglied Eman Mohammed von der Sitzung aus.

Trumps radikales Einreiseverbot sorgte ohnehin für Entsetzen und Proteste: Reisende aus sieben muslimisch geprägten Ländern wurden an ihrer Ankunft in den USA gehindert. Damit löste der neue Präsident eines seiner zentralen Wahlversprechen ein. Das zielte angeblich nur auf radikale islamische Terroristen ab – und doch traf er damit dem normalen Bürger, seinen Familien und seiner Arbeit direkt ins Herz.

Wie Trumps Auffassung von Sicherheit auch uns und unsere westlichen Werte um Fotografie und Pressefreiheit ganz konkret und unmittelbar betrifft, wissen wir seit eben diesem Dekret:

Die World Press Photo Foundation bestätigte Ende Januar, dass Jury-Mitglied Eman Mohammed aufgrund der präsidentiellen Anordnung nicht an den entscheidenden Sitzungen in Amsterdam teilnehmen kann.

 

Dabei stammt Mohammed nicht einmal aus einem der Länder, die auf der sogenannten „Muslim Ban“-Liste stehen. Doch die Palästinenserin und ihre Anwältin zweifelten: In den Vereinigten Staaten gilt Palästina nicht als Land, sondern als besetztes Gebiet. Die sehr wahrscheinliche Inhaftierung und Befragung bei der Wiedereinreise in die USA waren aber letztlich nicht einmal der ausschlaggebende Punkt: Als ihre Anwältin Eman Mohammed deutlich machte, dass sie ihre zwei Töchter verlieren könnte, war für die Fotojournalistin die Sache erledigt. Nie zuvor habe sie sich zwischen ihrer Arbeit und ihrer Familie entscheiden müssen – Ende Januar änderte sich das.

 

 

Präsident Trump – man mag ihm diese Amtsbezeichnung nur widerwillig anerkennen – trifft mit seinem Einreiseverbot die Mitte der Nation, die er zu schützen versprach.

Seine Anordnung und die rassistische Motivation dahinter macht sein Land nicht sicherer, im Gegenteil. Mit seinem offenen Kampf gegen den Islam macht Trump Amerika mehr als je zuvor zum Feindbild des IS, der seine Propaganda kaum noch selbst voranzutreiben braucht.

Donald Trump bestätigt mit den neuen „Sicherheitsvorkehrungen“ genau das, was Terroristen längst propagieren, und liefert damit die Gründe, um in den sogenannten „Heiligen Krieg“ gegen den Westen zu ziehen. Die Terrormiliz dürfte das freuen, sie bekommt die Argumente quasi frei Haus geliefert.

Mit seinem Einreisestopp entzieht Trump dem Einwanderungsland im Vorbeigehen sein Selbstverständnis – er macht Amerika nicht wieder groß, er macht es so unamerikanisch wie nie zuvor. Er zerreißt die ihm ach so wichtigen amerikanischen Familien, er erschwert die Ausbildung unzähliger ausländischer Studenten, er verhindert internationale Zusammenarbeit, wie das Beispiel von Eman Mohammed zeigt, und schränkt genau in diesem Beispiel ganz konkret sogar die Pressefreiheit ein: Denn die Fotojournalistin kann ihrem Beruf außerhalb der Staaten nur nachgehen, wenn sie bereit ist, Familie und Heimat dafür aufs Spiel zu setzen.

Wo er angeblich Sicherheit etablieren will, schafft Präsident Trump mit seinem Aktionismus nur die Grundlage für Hass. Und das nicht nur in den USA selbst.

Dass Heimatschutzminister John Kelly bereits am darauffolgenden Sonntag zurückruderte und erklärte, Menschen mit Green Card würden nicht mehr an einer Einreise in die USA gehindert, ist dabei kein wirklicher Trost – Eman Mohammeds Jury-Platz etwa wurde inzwischen neu besetzt, für Personen ohne Green Card bleiben die nächsten drei Monate angsteinflößend. Es zeigt aber, dass Präsident Trump zwar seine Wahlversprechen entgegen vieler Erwartungen tatsächlich durchsetzen will, er sich aber auch nicht ewig vor den Protesten der US-Bürger in seinem Oval Office verstecken kann. Es zeigt, dass die nächsten vier Jahre eine Bewährungsprobe der US-Bürger und ihrer Protestkultur sind. Und es zeigt, dass Trump als republikanischer Präsident trotz Mehrheit im Senat nicht die Macht hat, von der er momentan auszugehen scheint – auch, wenn er sich (noch) trotz des immensen Widerstands aus seinen eigenen Reihen im Recht sieht.

WPP_Phyllis

Geschichten wollen erzählt werden – davon ist Phyllis Frieling überzeugt. Ihre Anfänge liegen bei der lokalen Tageszeitung, Spaß am Schreiben war und ist ihre Grundlage. Als Kulturwissenschaftlerin weiß sie um stereotype Denkmuster und gedankliche Fallstricke und zeigt gern andere Blickwinkel auf. Die analytische Flexibilität hat sie beibehalten und arbeitet sich auch in komplexe Themen ein, um sie für andere verständlich aufzubereiten – detailverliebt und prinzipienfest.

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