Jaír F. Coll

In sieben Sportarten um die Welt

Die Sonderschau „The Everyday Projects: Sport. Hoffnung. Gemeinschaft.“ zeigt in sieben Reportagen die weltumspannende Kraft des Sports.

Eine junge iranische Kickboxerin, die mit den konventionellen Lebensentwürfen ihres Umfelds bricht. Venezolanische Migrant:innen, die in ihrer neuen Heimat Kolumbien Halt im Breakdance finden. Ukrainische Kriegsveteranen, die mit größtem Ehrgeiz für die Invictus Games trainieren. In rund 50 Aufnahmen berichten „The Everyday Projects“ in diesem Jahr von Athlet:innen und ihrer großen Leidenschaft für den Sport. Denn er schenkt Hoffnung, spendet Trost, überwindet Grenzen.

Kampf für die Freiheit

Die Geschichte von Sahar Rashidi beginnt etwa 700 Kilometer westlich von Teheran, nahe der Grenze zum Irak. Sie gehört zum Zule-Stamm, einem nomadischen Volk, das in der Nähe der Stadt Kermānschāh lebt. Die iranische Fotografin Forough Alaei hat Sahar Rashidi porträtiert und ihre Reportage „Fighting for Freedom“ genannt – passend zum Lebensweg von Sahar. Obwohl sie in einer Gemeinschaft aufwuchs, die ein traditionell geprägtes Frauenbild vertritt, trainierte Sahar schon als Jugendliche heimlich in einem Sportverein in der Stadt und entdeckte ihre Leidenschaft fürs Kickboxen.

Forough Alaei

Sahar Rashidi posiert mit ihren Boxhandschuhen für ein Foto.

Ihr Vater war zunächst gegen den Sport, doch Sahar blieb hartnäckig. Heute unterstützt er sie. „Wenn die Regierung uns ebenfalls unterstützen würde, könnten alle meine Töchter Champions werden“, sagt er. Inzwischen gilt Sahar Rashidi als Vorbild für andere nomadische Mädchen. Denn sie hat das konventionelle Geschlechterbild in ihrer Gemeinschaft infrage gestellt und gezeigt, dass es auch anders geht. Inzwischen ist sie Teil des iranischen Nationalteams und trainiert einen Verein in Teheran.

Breakdance als Kunstform

Rund 7,7 Millionen Venezolaner:innen haben seit dem Beginn der wirtschaftlichen und politischen Krise im Jahr 2015 ihr Land verlassen. Die meisten sind emigriert, weil es ihnen an grundlegender Versorgung fehlte. Ein Exodus, der sich nach den Präsidentschaftswahlen 2024 verschärft hat. Der kolumbianische Fotojournalist Jaír F. Coll begleitet junge venezolanische Migrant:innen, die sich in Bogotá, Medellín und Cali mit größter Leidenschaft dem Breakdance widmen.

Jaír F. Coll

B-Boy Heber López (29) zeigt einen „Head Spin“ an einer Ampel im Süden von Cali, um Geld zu verdienen.

Die Diskussion über Migration ist oft mit dem grundlegenden Recht auf Überleben verbunden. „Vereinfacht betrachtet könnte man meinen, dass Migrant:innen mit nicht viel mehr als dem bloßen Überleben zufrieden sein sollten“, sagt Jaír F. Coll. „Mein Projekt stellt diese Ansicht infrage. Es zeigt die existenziellen, physischen und transkulturellen Reisen junger Menschen, die ihr Land für die Kunst verlassen haben.“

Nächstes Ziel: Invictus Games

Im Jahr 2014 griff Russland die Ukraine an, 2022 folgte dann die großangelegte Invasion. Mehr als eine Million Menschen traten während des inzwischen elf Jahre andauernden Krieges der Armee bei, um ihr Land gegen den russischen Angriff zu verteidigen. Viele sind bereits verletzt worden und ins zivile Leben zurückgekehrt. Für einige ist der Veteranensport seitdem zum integralen Bestandteil ihres physischen und mentalen Rehabilitationsprozesses geworden.

Serhii Korovayny

Oleh Omelchuk beim Bogenschießen während des Auswahlwettbewerbs für das Nationalteam der Invictus Games an der ukrainischen Olympischen Basis in Kyiv.

Der ukrainische Fotojournalist Serhii Korovayny zeigt, wie ehemalige Soldaten unermüdlich Bogenschießen, Rollstuhlbasketball, Schwimmen und andere Sportarten trainieren. Ihr großes Ziel ist es, in das Nationalteam für die Invictus Games aufgenommen zu werden. Doch bei allem Ehrgeiz entwickelt sich in den Trainingssessions auch ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit und der Gemeinschaft.

Die Fotografien von Forough Alaei, Jaír F. Coll und Serhii Korovayny werden ergänzt durch die Arbeiten von vier weiteren Fotograf:innen: Annice Lyn, Barry Christianson, Arlette Bashizi und Tasneem Alsultan berichten von einer traditionellen Drachenboot-Regatta auf der Insel Borneo, einem Netzballturnier in der Nähe von Kapstadt, vom Internationalen Tag des Tanzes in Goma und von den saudischen Fans bei der Fußballweltmeisterschaft in Katar. Eine thematische Bandbreite, die einmal mehr die immense Vielfalt des Sports verdeutlicht.

Der Eintritt zur Sonderschau von „The Everyday Projects“ im Rahmen der diesjährigen World-Press-Photo-Ausstellung ist im regulären Museumseintritt enthalten.