„Wie es mir geht? Ist irrelevant!“

Christoph Bangert war der bekannteste deutsche Kriegsfotograf

Foto: Mediavanti
Foto: Mediavanti

Launig, dabei aber stets tiefgründig hat Christoph Bangert gestern dem Publikum im Spielraum des Staatstheaters Oldenburg die Verantwortung und Herausforderung des Fotojournalismus nahegebracht und dabei von seinen Erfahrungen als Kriegsfotograf erzählt. Wir haben ihn im Vorfeld zu seinem Vortrag interviewt. Nur knapp einem Unfall entgangen und durch den Stau zwei Stunden verspätet ist Bangert trotzdem großartig gelaunt, unkompliziert und aufgeschlossen. Beste Voraussetzung also für unser Interviewformat: Von uns kamen Schlagworte zu unterschiedlichen Themen, von ihm kurze Statements dazu.

FUKUSHIMA

… wird uns noch lange Zeit beschäftigen, weil das Ergebnis offen ist. Man weiß nicht, was dort in den nächsten 20, 30 Jahren passieren wird. Es ist leider ein Experiment, von dem niemand weiß, wie es ausgeht, was zum Beispiel die Langzeitfolgen für die Bevölkerung in der Region sein werden. Das versuche ich mit meinem Projekt zu begleiten.

TRAUMA

Ein gutes Stichwort! Allerdings werde ich oft auf mein eigenes Trauma angesprochen. Das versuche ich immer zu umschiffen, weil es zwar auch interessant, eigentlich aber völlig irrelevant ist. Wie der Journalist oder Fotograf mit seinem Trauma klar kommt, was er macht und erlebet, steht nicht im Vordergrund – wir müssen über die Traumata der Leute reden, die ich fotografiere. Deswegen mache ich die Arbeit. Außerdem: So schwer ist es gar nicht. Die Kollegen und ich sind nicht so lange vor Ort und wir können wieder nach Hause fahren, die Menschen, die dort wohnen, eben nicht.

KÖRPER

Ich müsste mehr Sport treiben, bin also nicht besonders fit … (zwinkert mit den Augen) Aber ich glaube, dass das Allerwichtigste ist, im Kopf für sich klar zu haben, warum man diese Arbeit macht. Das hinzukriegen, ist die eigentliche Herausforderung. Der Körper hat keine so große Bedeutung.

SOCIAL MEDIA

Ich habe tatsächlich Social Media Selbstmord begangen – eine lustige Sache, mit Abschiedsbrief und allem drum und dran. Das war ein interessantes Experiment! Ich habe viele Nachrichten bekommen von Leuten, die auch für immer „Auf Wiedersehen“ gesagt und meinen Schritt kritisiert haben. Sie meinten, es wäre schon ein wenig elitär. Aber es hat viel Spaß gemacht und war sehr gut. Ich versuche jetzt, mich mehr mit Leuten direkt zu treffen. Was wir hier gerade tun, ist der tatsächliche echte menschliche Austausch – etwas, das die sozialen Medien nie ersetzen werden. Gott sei Dank!

GELD

Ja, ich bin sehr reich und sehr berühmt! Sieht man ja auch: Die Jacke (der Marke „Mammut“; Anm. d. Red.) habe ich mir selbst schenken lassen, von meiner Mutter zu Weihnachten. (lacht) Leider verdient man als Journalist und auch als Fotograf nicht besonders gut. Es macht auch keinen Unterschied, ob man in Krisengebieten arbeitet oder nicht. Gleichzeitig ist das auch gut so. Menschen, die in der Fotografie Geld verdienen möchten, beschäftigen sich mit Celebrities, Mode oder Architektur. Diejenigen, die dem Beruf mit Herzblut und Überzeugung nachgehen, landen oft im Journalismus und sind dort gut aufgehoben, weil diese Arbeit sehr sinnvoll ist. Viel Geld ist dann aber wie gesagt nicht im Spiel.

FAMILIE

Ich habe zwei Kinder, sechs und acht Jahre alt, und bin verheiratet. Dadurch hat sich auch mit der Fotografie einiges geändert – ich reise mittlerweile nicht mehr in Krisengebiete. Das fällt mir sehr schwer und fehlt mir. Aber man kann eben nicht alles gleichzeitig haben. Deshalb ist mir die Entscheidung selbst nicht so schwer gefallen.

ABENTEUER

… ist wichtig. Es ist einer der hauptsächlichen Motivationsgründe, diese Arbeit zu machen. Wenn man wirklich ehrlich ist zumindest. Das klingt nicht besonders heldenhaft. Natürlich steht der Journalismus im Vordergrund, aber auch der Abenteuergedanke. Gerade wenn man jung ist, Mitte 20 wie ich damals, reizt einen an der Kriegsfotografie auch das Abenteuer.

GLÜCK

… ist, wenn der Vortrag vorbei ist. (lacht) Und wenn die Zuschauer noch da sind!

Mareike Lange

Zu Tränen gerührt? Sind manche. Ergriffen? Die meisten. Tief beeindruckt? Ausnahmslos alle! Weil die World Press Photos eine so große Bedeutung haben - für die Meinungsfreiheit und damit jeden einzelnen - hat es sich Mareike Lange zur Aufgabe gemacht, der Ausstellung über soziale Medien und zielgruppengerechte Veranstaltungsformate größtmögliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

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