Image Lounge, Birgit Utech

„Ich habe jeden Tag die Möglichkeit, einen Unterschied zu machen.“

Marika Cukrowski berichtet über ihre Arbeit als Ausstellungsmanagerin und Kuratorin bei der World-Press-Photo-Stiftung in Amsterdam.

Marika, seit wann arbeitest du als Ausstellungsmanagerin und Kuratorin und was sind deine Aufgabenbereiche?

Marika Cukrowski: Ich arbeite mittlerweile seit vier Jahren bei der Stiftung. Mein Job unterteilt sich in zwei Aufgabenbereiche. Als Ausstellungsmanagerin bin ich für ein Portfolio an Ausstellungsorten auf der ganzen Welt zuständig. Ich kreiere für jeden Standort ein individuelles Ausstellungslayout und bin Ansprechpartnerin bei allen Fragen und Angelegenheiten rund um die Ausstellung. Es ist also wichtig, dass ich gut organisiert und vorbereitet bin. Diese Aufgaben erledige ich meistens von unserem Büro in Amsterdam aus.

Das zweite Aufgabengebiet beginnt, wenn eine Ausstellung aufgebaut wird. In den meisten Fällen bin ich vor Ort, helfe dabei alles vorzubereiten und achte darauf, dass das Ausstellungslayout, das ich vorher konzipiert habe, eingehalten wird. Kurz vor der offiziellen Eröffnung der Ausstellung leiste ich vor allem viel repräsentative Arbeit für die World-Press-Photo-Stiftung: Ich gebe zum Beispiel Führungen für Kunstvermittler:innen und Schüler:innen, nehme an Pressekonferenzen teil, gebe Interviews für Medienvertreter:innen und halte eine kurze Rede bei der Eröffnungszeremonie.

Warum hast du dich für diesen Job entschieden? Was gefällt dir am meisten an deiner Arbeit?

Marika: Ich brenne für das Thema Pressefreiheit und die World-Press-Photo-Stiftung engagiert sich genau dafür: für eine freie und unabhängige Berichterstattung. Deswegen hat es mich sehr gereizt, für die Stiftung zu arbeiten.

Als Ausstellungsmanagerin und Kuratorin habe ich jeden Tag die Möglichkeit, mit meiner Arbeit zu dieser Mission beizutragen und einen Unterschied zu machen. Am meisten gefällt mir, dass ich bereits jungen Besuchenden, wie Schüler:innen, die Geschichten hinter den Fotos näherbringen kann. Hier geht es neben der Pressefreiheit auch darum, ihnen die Wichtigkeit des (Foto-)Journalismus zu verdeutlichen und ein visuelles Verständnis mitzugeben. Heutzutage sind viele Falschnachrichten im Umlauf. Die Fotos in der Ausstellung sind aber real, genau wie die Geschichten dahinter. Es ist mir wichtig zu erklären, was die Stiftung alles leistet, um die Echtheit der Fotos zu überprüfen.

Wie viele Ausstellungsmanager:innen und Kurator:innen sind für die Stiftung tätig und wie teilt ihr die Ausstellungsstandorte zwischen euch auf?

Marika: Momentan gibt es fünf Ausstellungsmanager:innen und Kurator:innen. Wer welchen Standort übernimmt, ist von verschiedenen Dingen abhängig. Da wir ein sehr international aufgestelltes Team sind, versuchen wir zu berücksichtigen, wer welche Sprache spricht und Kenntnisse über das entsprechende Land mitbringt. Es gibt aber bestimmte Zeiten im Jahr, in denen viele Ausstellungen anstehen. Da müssen wir einfach danach gehen, wer Zeit hat und welche Lösung am besten mit dem Zeitplan zusammenpasst.

Für wie viele Ausstellungsorte bist du zuständig?

Marika: Momentan sind es 15 Standorte, die teilweise in Europa liegen, wie Oldenburg, Rom oder Gouda. Manche sind auch weiter weg, wie Montreal oder Brisbane. 15 Standorte sind tatsächlich recht viel, aber die Anzahl ändert sich jedes Jahr. Wie schon erwähnt, hängt es viel damit zusammen, wie sich die Ausstellungen zeitlich auf das Jahr verteilen und wer von uns freie Kapazitäten hat.

BPH – Justin Nicholas Photography (Atmosphere Photography)

Als Kuratorin und Ausstellungsmanagerin ist die Konzeption und die Durchführung von Führungen zum aktuellen WPP-Jahrgang fester Bestandteil von Marika Cukrowskis Arbeit.

Wie viel Zeit im Jahr verbringst du mit Dienstreisen?

Marika: Das ist immer unterschiedlich. Dieses Jahr hatte ich 14 Dienstreisen, das ist aber eher die Ausnahme, die meisten meiner Kolleg:innen waren nicht so viel unterwegs. 

Wir planen, unsere Dienstreisen aus Klimaschutzgründen zu reduzieren. Momentan evaluieren wir, welche Ausstellungsorte eine persönliche Präsenz vor Ort erfordern und welche nicht. So gerne ich auch neue Leute und Orte kennenlerne und persönlich mit unseren Geschäftspartner:innen in Kontakt bin, muss ich zugeben, dass das Reisen auch mit viel Anstrengung verbunden ist.

Wie sieht ein durchschnittlicher Arbeitstag bei dir im Büro in Amsterdam aus?

Marika: Der Arbeitstag beginnt für mich, indem ich mit dem Fahrrad zum Büro fahre – typisch Amsterdam eben. Zuerst trinken wir alle einen Kaffee zusammen und gehen anschließend zu unseren Arbeitsplätzen. Dort angekommen, checke ich als erstes meine Mails und schaue, ob etwas Dringendes anliegt. Bei 15 Standorten, die ich betreue, gibt es mitunter sehr viel zu tun. Im Laufe des Tages haben wir viele Besprechungen, um uns abzustimmen. Im Ausstellungsteam arbeiten wir sehr eng zusammen, aber natürlich stimmen wir uns auch engmaschig mit anderen Abteilungen wie dem Kommunikationsteam oder dem Entwicklungsteam ab. Jeden Dienstag haben wir das sogenannte „Tuesday Check In“, wo sich die gesamte Stiftung für eine Stunde zusammensetzt und aktuelle Themen bespricht. 

Neben Besprechungen und dem Ausstellungsmanagement leiste ich auch kreative Arbeit, zum Beispiel wenn ich ein Ausstellungslayout anfertige. Wenn eine Ausstellung ansteht, zu der ich nicht hinreise, drucke ich die Fotos kleinformatig aus, ordne sie auf dem Boden an und kreiere so ein Ausstellungskonzept, durch das ich durchlaufen kann. Das ist jedes Mal auch mit viel Spaß verbunden. Darüber hinaus ist eine zentrale Aufgabe meiner Abteilung, stets nach neuen Ausstellungsstandorten zu schauen, mit denen wir zusammenarbeiten können.

Wie entwickelst du die individuellen Ausstellungslayoute für die jeweiligen Standorte?

Marika: Das hängt davon ab welches Ausstellungsformat genutzt wird. In Oldenburg sind die einzelnen Fotos gerahmt, weshalb sie optimal in Galerien oder klassische Museen angeordnet werden können. Es gibt auch größere Formate, sogenannte „Panels“, das sind freistehende Strukturen, die wir nach Bedarf so anordnen können, wie es am besten zum Standort passt. 

Mein Ausgangspunkt für das Ausstellungslayout ist immer die Entscheidung, wo das Foto des Jahres aufgehängt wird. In Oldenburg ist das einfach, da es jedes Jahr an derselben Stelle platziert wird. Das ist besonders für wiederkehrende Besuchende eine schöne Tradition, da sie direkt wissen, wo sie das Foto finden können.

Mit dem regionalen Konzept, das wir seit 2022 als Basis für den Wettbewerb nutzen, ergibt sich anschließend ein recht natürlicher Verlauf der Ausstellung. Die Besuchenden durchlaufen nacheinander die verschiedenen Regionen wie Asien oder Afrika, wo sich gebündelt die dazugehörigen Fotos und Geschichten befinden. Es ist quasi wie ein Spaziergang um die Welt.

Jeder Ausstellungsort ist individuell, was die Ausstellungsräume bzw. -fläche anbelangt. Was ist das Besondere am Oldenburger Schloss?

Marika: Schon wegen der Räumlichkeiten selbst lohnt es sich, die Ausstellung zu besuchen! Die weltbesten Pressefotos des vergangenen Jahres in so einem beeindruckenden historischen Gebäude zu sehen, ist ein interessanter Kontrast und eine einzigartige Erfahrung. Mir gefällt, dass sich die Ausstellung über mehrere Räume erstreckt. So können sich Besuchende die Zeit nehmen, die sie benötigen, um die einzelnen Geschichten hinter den Fotos zu verarbeiten.

Hast du ein Lieblingsfoto bzw. eine Lieblingsfotoserie aus dem aktuellen Jahrgang?

Marika: Das ist eine schwierige Frage. Es gibt viele Geschichten, die mir am Herzen liegen, aber eine, die ich stets in meine Führungen einbaue, ist die Fotoserie über die Alpakas, genannt „Alpaqueros“ von Alessandro Cinque. Die mag ich gerne, da sie zu den leichteren und positiveren Geschichten gehört. Teilweise haben die Fotos etwas von Science Fiction, aber wenn man die Hintergründe erfährt, ist es eine sehr faszinierende Fotoserie.

Alessandri Cinque

Mit “Alpaqueros” gewann Alessandro Cinque in der World-Press-Photo-Kategorie “Fotoserie” – Südamerika.

Seit 2022 basiert der World-Press-Photo-Wettbewerb auf einem regionalen System, das die Welt in sechs Regionen unterteilt. Ziel ist es, den Wettbewerb diverser zu gestalten. Was ist dein Fazit nach inzwischen zwei Jahrgängen? Ist es gelungen?

Marika: Das regionale System hat zwei Dinge mit sich gebracht. Wir erhalten nun Einsendungen aus der ganzen Welt und sind in der Lage, den Fotojournalismus verschiedenster Regionen zu repräsentieren und im Wettbewerb abzudecken. Die zweite Beobachtung, die wir gemacht haben, ist, dass sich die Anzahl regionaler Geschichten, die von regionalen Fotograf:innen eingereicht werden, erhöht hat. Das empfinden wir als wichtig, da jemand, der selbst von bestimmten Ereignissen oder politischen Entwicklungen betroffen ist, oftmals eine andere Sichtweise auf das jeweilige Thema hat.

Gibt es trotzdem noch Verbesserungspotenzial?

Marika: Meiner Meinung nach gibt es das immer. 2024 ist nun das dritte Jahr mit dem regionalen Ansatz. Nach jedem Jahr kann man Rückschlüsse ziehen, was bereits gut läuft und was verändert werden muss. Grundsätzlich sind wir immer offen dafür, Feedback und sachliche Kritik umzusetzen. Es ist uns wichtig, mit den Entwicklungen im Fotojournalismus mitzuhalten und den Wettbewerb so aufzustellen, dass niemand benachteiligt wird.

Welche Rückmeldungen habt ihr von Besuchenden und Ausstellungspartner:innen zum regionalen Konzept erhalten?

Marika: Ich glaube, im ersten Jahr war es für viele ein kleiner Schock. Das hat sich aber schnell gelegt und es gab viele positive Rückmeldungen darüber, dass nun alle Teile der Welt im Wettbewerb repräsentiert werden. Wir als Stiftung sind sehr zufrieden mit dem regionalen System und sind der festen Überzeugung, dass auch die Besuchenden von der Veränderung profitieren. Es gibt viele Dinge, die auf der Welt passieren und von denen man vielleicht gehört hat, aber es ist etwas anderes, diese Entwicklungen in der Perspektive regionaler Fotograf:innen wahrzunehmen.

Sind weitere Veränderungen am Wettbewerb geplant? 

Marika: Momentan nicht aber: sag niemals nie. Wie ich bereits erwähnt habe, sind wir stets offen für Kritik und Verbesserungsvorschläge. Dementsprechend würden wir am Wettbewerb Veränderungen vornehmen, wenn sie dazu beitragen, den Fotojournalismus noch besser zu repräsentieren.

Warum lohnt sich deiner Meinung nach ein Besuch in der WPP-Ausstellung in Oldenburg?

Marika: Oldenburg war der erste Ausstellungsort, den ich in meiner Einarbeitungszeit vor vier Jahren besucht habe. Deswegen hat die Ausstellung einen besonderen Stellenwert für mich. Ich fühle mich hier stets willkommen und gut aufgehoben. Das Organisationsteam der WPP ist immer super organisiert, was meine Arbeit vor Ort sehr erleichtert. 

Einzigartig in Oldenburg ist auch das umfassende Rahmenprogramm. Schon die Eröffnungszeremonie ist besonders, da jedes Mal ein Gewinner bzw. eine Gewinnerin des Wettbewerbs zu Gast ist. Darüber hinaus gibt es viele Führungen. Und besonders Schule@Museum ist ein tolles Projekt, das andere Blickweisen auf die Geschichten hinter den Fotos eröffnet.

Mediavanti

Marika Cukrowksi gibt eine exklusive Führung vor offiziellen Ausstellungsbeginn für die Schüler:innen, die am Projekt Schule@Museum teilnehmen.